Zensierte Sinnlichkeit - die Kunst der Aktmalerei

Ekaterina Moré - Stigmatisierung des weiblichen Aktes in den modernen Medien

Haben Sie sich jemals gefragt, was den weiblichen Akt für Künstler so faszinierend macht? Welchen Stellenwert hat der weibliche Akt in der modernen Gesellschaft sowie in der Malerei? In diesem Artikel berichte ich über meine Sichtweise auf die Aktmalerei und warum ich die Zensur der Sinnlichkeit in einer freien Gesellschaft problematisch sehe.


Als Künstlerin habe ich mich schon immer für das Thema des weiblichen Aktes begeistert. Schon als Kind war ich fasziniert von zahlreichen Aktdarstellungen, sei es als Gemälde oder Skulpturen, in den Sammlungen der St. Petersburger Eremitage oder des Russischen Museums. Die Darstellungen reichten von antiken griechischen Statuen bis hin zu Werken von Künstlern der Renaissance und Impressionisten. Für mich waren sie sehr vielfältig und aufregend. Doch auch meine Erfahrungen im Alltag haben mich bei der Wahrnehmung des nackten weiblichen Körpers geprägt. Als Kind lebte ich eine Zeit lang mit meinen Eltern, meiner Oma und einigen Mitbewohnern in einer Kommunalwohnung. In der Sowjetunion war es üblich, in die Banja zu gehen, da es oft kein warmes Wasser in der Wohnung gab und die Badezimmerbedingungen generell nicht sehr einladend waren.

 

Frauengemälde

Quelle: Wikipedia


Das Gemälde "Banja" von Sinaida Serebrjakowa vermittelt sehr eindringlich das Gefühl, das ich damals als kleines Mädchen in der Banja erlebt habe. Eine halbdunkle Umgebung, warme, feuchte Luft, der Duft von Seife und viele nackte, nasse Frauenkörper, deren Haut von heißem Wasserdampf gerötet war. Heute verstehe ich, dass diese Szenen die Schönheit und Natürlichkeit des weiblichen Körpers ausstrahlten. Frauen wuschen sich die Haare, begoßen sich mit kaltem Wasser aus den Waschschüsseln und genossen fast auf eine heidnische Weise diesen Reinigungsritual. Auch den Körper meiner Mutter fand ich wunderschön - sie war für mich eine rothaarige Schönheit. Später entdeckte und bewunderte ich diese Schönheit auch in Gemälden von Sandro Botticelli und Tizian.

 

Aktgemälde

Aktgemälde aus dem Jahr 2020


Meine ersten großformatigen Gemälde, die ich in Deutschland gemalt habe, zeigten vollschlanke weibliche Körper. Damals hat mich die Schönheit der Fülle sehr fasziniert. Vor 20 Jahren erhielt ich meine ersten Aufträge für Aktbilder. Männer schenkten ihren Frauen ein Fotoshooting mit mir und ich fertigte die Auftragsbilder auf Basis der fotografierten Motive an. Bis heute finde ich vollschlanke Frauenkörper wunderschön, da sie für mich die Fülle der Natur und der Mutter Erde symbolisieren. Wie bei der Venus von Willendorf, einer der ältesten Figuren, die das Thema der Fruchtbarkeit darstellt, sind Menschen von diesen weiblichen Archetypen fasziniert.


Playboy Playmates

Kunstprojekt "Evas Töchter - Sinn und Sinnlichkeit" für die Zeitschrift Playboy


Auch später in meiner Karriere als Künstlerin habe ich mich immer wieder dem Thema des weiblichen Aktes gewidmet. Ein Projekt, das ich realisiert habe, war "Evas Töchter - Sinn und Sinnlichkeit" für die Zeitschrift Playboy. Dabei habe ich alle Playmates des Jahres 2014 als moderne Liebesgöttinnen auf meinen großformatigen Leinwandbildern verewigt.
Es war mir wichtig, die einzigartige Schönheit des weiblichen Körpers zu betonen und auch die Stärke der Frauen zu zeigen, die selbstbewusst genug waren, an dem Projekt mitzuwirken. Die Fotostrecken waren wunderschön und inspirierend, und es war sehr interessant, die Geschichten der Playmates zu erfahren. Inzwischen ist es auch für Playboy schwieriger geworden, sinnliche und ästhetische Fotos der Öffentlichkeit zu präsentieren. Die neue Einstellung zum Thema Weiblichkeit hat zu einigen Stigmatisierungen geführt.

 

Aktmalerei 


Aber es wird zunehmend schwieriger, ästhetische und künstlerische Darstellungen des nackten weiblichen Körpers im Internet zu präsentieren. Während Bilder von Krieg und Gewalt in sozialen Netzwerken leicht zugänglich sind, werden sinnliche Darstellungen des weiblichen Körpers immer mehr verboten und zensiert. Ich darf meine Frauenakte gar nicht bei TikTok zeigen, Facebook und Instagram schränken die Reichweite und Sichtbarkeit bei diesen meinen Werken stark ein. Die Nachrichtenmedien sind voll von Bildern von Katastrophen, Unfällen und weiteren angstmachenden Inhalten. Aber es scheint, dass für manche Menschen Sinnlichkeit anstößig ist und Gedanken an anregende und aufregende weibliche Körper schwer zu ertragen sind. Wie sind wir bloß in solche Zeiten gelandet?
Auf der anderen Seite setzen sich einige feministische Bewegungen dafür ein, den weiblichen Körper zu entsexualisieren und ihn in seiner "bloßen" Form wahrzunehmen. Die Sexualisierung des weiblichen Körpers wird dem Patriarchat zugeschrieben und es wird kritisiert, dass in sozialen Netzwerken Bilder von Männern und Frauen sehr unterschiedlich zensiert werden. Während entblößte Männeroberkörper oft akzeptiert werden, werden Frauen diskriminiert, wenn es um die Darstellung ihres entblößten Körpers geht. Aus Sicht dieser Bewegungen ist die Sexualisierung der eigentliche Grund für den gestörten Umgang mit dem weiblichen Körper.

 

weiblicher Akt

Obwohl sich einige Frauen, insbesondere solche mit feministischer Einstellung, über sexualisierte Darstellungen der Weiblichkeit beschweren, finden zum Glück viele Menschen immer noch inspirierende und sinnliche Darstellungen des weiblichen Körpers schön. Als Künstlerin höre ich das oft und bin erfreut darüber, dass der öffentlich verkündete Trend oft sehr unterschiedlich von den tatsächlichen Vorstellungen der Menschen ist. Für mich ist die Faszination des weiblichen Körpers stark mit seiner natürlichen sexuellen Anziehungskraft verbunden. Frauen sollten dies nicht als Last empfinden, sondern als Geschenk betrachten, das man genießen und würdigen kann. Jede Frau kann ihre eigene Schönheit entdecken und entwickeln.
Obwohl es momentan in den Medien trendy ist, die natürliche Sinnlichkeit der Frau zu verstecken und die Frau quasi als geschlechtslos darzustellen, bin ich mir sicher, dass die weibliche Natur stärker ist. Für mich existiert der weibliche Körper nicht ohne seine sexuelle Kraft. Ich sehe eher ein Problem darin, wenn Frauen versuchen, ihre Sinnlichkeit abzuspalten oder zu unterdrücken oder das Schönheitsempfinden anderer zu beeinflussen oder vorzuschreiben, wie sie als Frau wahrgenommen werden sollten, anstatt mit sich selbst ins Reine zu kommen.

 

Frauenakt 

Es bereitet mir große Freude, die sinnlichen Aspekte der Weiblichkeit in meinen Kunstwerken darzustellen und auf diese Weise die faszinierende Kraft zu feiern, die sie ausstrahlen. Ich möchte die Menschen dazu einladen, die ästhetische Schönheit von Frauendarstellungen in der Kunst zu entdecken und die Gefühle in sich zu erkunden, die diese Darstellungen hervorrufen. Ich freue mich über die Menschen, die mein ästhetisches Empfinden teilen, aber ich freue mich auch, dass manche Menschen andere Vorstellungen von Weiblichkeit haben. Für mich ist es wertvoll, nicht jedem zu gefallen und anderen das Recht auf eigene Vorstellungen von Schönheit zuzugestehen.

 

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